PROJEKTE – Lehmbruck
Der „kleine Mädchenkopf“ von Wilhelm Lehmbruck aus der Hamburger Kunsthalle wurde durch unser Team konservatorisch gereinigt. Materialanalysen hatten dabei vorab ergeben, dass es sich bei dem Kunstwerk von Lehmbruck nicht, wie bis dato angenommen, um eine Terrakotta handelte, sondern um einen Gipsguss mit oberflächlicher künstlicher Patinierung, die nur wie Terrakotta anmutet. Um eine mechanische Belastung der künstlichen Patina zu vermeiden, wurde die aufliegende Verunreinigung äußerst behutsam von der Oberfläche abgehoben.
Die Ausstellung der Skulptur „Große Stehende“, von Wilhelm Lehmbruck (1910) in der New Yorker Armory Show im Frühjahr 1913 zeugt von ihrem frühen Bekanntheitsgrad und unterstreicht Lehmbrucks internationale Bedeutung. Bei dem überlebensgroßen Halbakt aus der Skulpturensammlung der Hamburger Kunsthalle waren vor allem die Proportion ausschlaggebend für unsere konservatorischen Maßnahmen zur Sicherung der Figur. Das größte Gewicht, das der Akt in seiner oberen Hälfte hat, wird über den schlanken Fesselbereich abgeleitet. Das Material des Gusses ist vermutlich Gips, dessen Oberfläche auf Steinguss getrimmt wurde. Schwingungen im Fesselbereich werden durch Armierungen im Innern der Figur aufgenommen. Da die wesentlich geringere Elastizität des Gipses dies jedoch nicht leisten kann, entstehen über die Zeit Risse und Ausbrüche. Trotzdem hat die Figur ihre Lebenszeit ohne größeren Materialverlust in figürlich relevanten Bereichen überstanden. Vorhandene kleine Fehlstellen und Risse entstanden vermutlich hauptsächlich durch starke Belastungen bei Transporten und Zugkräfte beim Kippen der Figur, kurz, die Hauptgefährdung der Figur ging von der Statik derselben aus.
Die Minimierung der Belastung in statisch schwachen Bereichen war vorrangiges Ziel unserer Maßnahmen. Schädigende Einwirkungen auf die Figur sollten in Zukunft verhindert werden. Zum einen das permanente Schwingen der Figur, hervorgerufen durch den Stand auf nur wenigen Druckpunkten, zum anderen die zerstörende Beanspruchung durch Kippen des Kunstwerks in seine Horizontale und dabei auftretenden Zugkräfte sowie Erschütterungen. Die wenigen Standpunkte der Figur befanden sich auf dem Plinthenring. Hier wurde durch das Einbringen einer Ergänzung eine Standfläche geschaffen, die ein ruhendes Gleichgewicht der Figur ermöglichte. Außerdem wurde eine zusätzliche Armierung ins Innere der Skulptur eingebracht. Sie diente der Fixierung der Positionen von Figur, Plinthenergänzung und Präsentationssockel und der Statik der Figur. Ferner wurde durch RAO, um zukünftig schadensfreie Transporte zu ermöglichen, eine Kombination von Präsentationssockel und Transportkorsage entwickelt, in der die Figur aufrechtstehend transportiert werden kann, ohne dass Zugkräfte schädigend auf das Kunstwerk einwirken können.